Die Bad Wiesseer Tagung 2024 verabschiedete den Zehn-Punkte-Katalog der HAWs zur Bundestagswahl 2025 mit Forderungen der HAW-Leitungen:
1 – Lehre stärken. Ein Markenzeichen der HAWs ist praxisorientierte Lehre und deren Qualität. Das dafür erforderliche gute Betreuungsverhältnis wird immer mehr herausgefordert durch zusätzliche und neue Anforderungen in der Lehre sowie die Integration und Begleitung von Studierenden mit unterschiedlichen Hochschulzugangsvoraussetzungen und Herkunftsländern. Hinzu kommen neue Zusatzleistungen in Forschung und Transfer für Professorinnen und Professoren. Bund und Länder sind dazu aufgefordert, dies bei den Vorgaben für individuelle Reduzierungen von Lehrdeputaten zu berücksichtigen.
2 – Internationalisierung voranbringen: Unser Land profitiert vom Zuzug Studierender und akademischer Fachkräfte aus dem Ausland. Internationale Studierende wirken aber auch nach ihrer Rückkehr in ihren Heimatländern oder in anderen Regionen der Welt als Multiplikatoren für die Zusammenarbeit im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Sektor. Für die stärkere Gewinnung internationaler Fachkräfte muss das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zielorientiert ausgestaltet werden, z.B. durch die Verringerung bei Hürden in den Visaverfahren in den deutschen Botschaften und gezielte Anwerbeprogramme für das Studium und die Beschäftigung an HAWs in Deutschland. Die Bundesregierung muss zusätzliche Mittel bereitstellen, um die Förderung von ausländischen Studierenden und deren spätere Integration in den Arbeitsmarkt zu verbessern.[1]
3 – Herausforderungen der Digitalisierung und KI begegnen: Die Herausforderungen durch die zunehmende Digitalisierung von Lehre, Verwaltung und Wirtschaft sind nach wie vor enorm. Dies zeigt sich zurzeit insbesondere bei der Entwicklung der KI. Hochschulen müssen darauf eine Antwort geben und selber gewappnet für die Zukunft sein. Wir erwarten daher, dass das Bundesprogramm „Digitale Hochschule“[2] endlich ins Leben gerufen wird, um u.a. die rasche Einführung attraktiver KI-Angebote an den HAWs zu unterstützen.
4 – Für Bildungsgerechtigkeit sorgen: Wir HAWs repräsentieren den Hochschultyp, der für Bildungsaufstieg von Studierenden aus nichtakademisch geprägten Familien steht. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie Entscheidungen trifft, die das Einkommen, die Mobilität sowie die Versorgung mit Wohnraum von Studierenden verbessern, z.B. eine BAföG-Reform, die eine automatische Erhöhung des Satzes an wirtschaftliche Veränderungen bzw. die Inflationsrate vorsieht, und eine Weiterführung des Deutschlandtickets für Studierende.
5 – Hochschultyp HAW als Innovationsmotor anerkennen: Wir erwarten die Schaffung eines größeren Spielraums für jede einzelne HAW, für unsere Ideen und die weitere Stärkung der Innovationskompetenz unserer Hochschulart. Im Interesse der dynamischen Veränderung unserer Gesellschaft und der großen Herausforderungen unserer Zeit sind wir bereit, eine größere Eigenverantwortung für die Entwicklung von zeitgemäßen Studienangeboten an HAWs zu übernehmen und fordern den politischen Willen, uns diese Verantwortung ohne Denkverbote und ohne berufsständische Vorbehalte zu übertragen. Bei uns werden neue Ideen und Innovationen erprobt, die gesamtgesellschaftliche Relevanz und Pioniercharakter haben, z.B. beim Betreten neuer Wege in der Lehramtsausbildung, der Akademisierung von Gesundheitsberufen, der wissenschaftlichen Weiterbildung oder der Schaffung von Angeboten mit regionalen Akteuren, wie gemeinsame Gesundheitszentren.
6 – HAWs in der DATI stärken: Das Konzept der Gründungskommission der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) muss nun umgesetzt und die führende Rolle der HAWs gestärkt werden. Die HAWs erwarten im Verlauf der kommenden Legislaturperiode eine weitere Aufstockung des Finanzvolumens bis auf mindestens 1 Mrd. € pro Jahr – eine zwingende Notwendigkeit, die die HAWs bereits früher als Förderlücke[3] im Transferbereich und damit als Risiko für das Innovationssystem im Land identifiziert haben.
7 – Forschung an HAWs stärken: Die Weiterführung des Bund-Länder-Programms „Forschung an HAWs“[4] wird von uns sehr begrüßt. Wir fordern jedoch seine Aufstockung auf ein jährliches Volumen von 150 Mio. Euro. An den HAWs findet in zunehmendem Maße ein rekursiver Prozess zwischen anwendungsorientierter und erkenntnisgeleiteter Forschung statt. Die HAWs fordern daher eine Fortführung und Weiterentwicklung der HAW-spezifischen Programme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Mittelfristig muss den forschungsstarken HAWs auch die Mitgliedschaft in der DFG ermöglicht werden. Wir erwarten vom Bund eine entsprechende Unterstützung dieses Anliegens.
8 – Infrastruktur für Transfer schaffen: Wir fordern, das Bund-Länder-Programm „Forschungsbauten“[5] um eine analoge Kategorie „Transferbauten“ zu erweitern, um auch für angewandte und transferorientierte Vorhaben einen Ermöglichungsraum zu schaffen.
Wir erwarten, dass die neue Bundesregierung eine Überprüfung und Lockerung des Kooperationsverbot nach § 91b des Grundgesetzes zur flexibleren Handhabung der Forschungsfinanzierungsinstrumente einleitet.
9 – FH-Personal fortführen: Wir fordern eine lückenlose Fortsetzung des 2028 auslaufenden Programmes FH Personal[6], um die bereits Erfolge aufweisenden Strategien zur Gewinnung professoralen Personals an HAWs zu festigen und auszubauen sowie die Wirksamkeit der von der Bundesregierung dafür bereits unterstützten Investitionen langfristig zu sichern.
10 – Wissenschaftliches Personal gewinnen: Wir erwarten, dass die neue Bundesregierung mit den Bundesländern ein tragfähiges Konzept umsetzt, um an HAWs wissenschaftliches und wissenschaftsunterstützendes Personal aufzubauen und dauerhaft zu finanzieren. Ein Vorschlag „Zukunftsvertrag Forschung an HAWs[7]“ der HAWs liegt bereits vor.
[1] https://www.badwiesseerkreis.de/wp-content/uploads/2022/03/Positionspapier_Bad-Wiesseer-Tagung-2022-zu-Internationalisierung-FIN.pdf
[2] 2023-11-14_HRK-MV_Entschliessung_Digitale-Hochschule-Kooperationen.pdf
[3] https://www.badwiesseerkreis.de/wp-content/uploads/2022/03/Positionspapier_Bad-Wiesseer-Tagung-2022-zu-DATI-FIN.pdf
[4] HP_BLV_HAW_nach_Bekanntmachung_Bundesanzeiger.pdf (gwk-bonn.de)Forschung an HAW – FaF Forschung an Fachhochschulen (forschung-fachhochschulen.de)
[5] https://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Papers/AV-FGH.pdf
[6] Personal-FH.pdf (gwk-bonn.de)
[7] https://www.badwiesseerkreis.de/wp-content/uploads/2024/07/Vorschlag-HAWs-Stellen-fuer-Forschung-an-HAWs.pdf
Vom 16. bis 17. Oktober berieten die HAW-Leitungen bei ihrer traditionell jährlich stattfindenden Strategietagung über die Themen der Zukunft der HAWs: Campusgestaltung, Studierende, Hochschulorganisation und KI-Einsatz in der Lehre. Darüber hinaus kamen Sie mit Politikerinnen und Politikern ins Gespräch. Besonders angeregt wurden auf dem Parlamentarischen Abend die Bedingungen der Forschungsförderung an HAWs und, eng damit verbunden, der dringend erforderliche Aufbau von wissenschaftlichem Personal an HAWs diskutiert. Bei einem Besuch der Tagung durch Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger bekräftigte die Ministerin ihren Willen, sich beim Aufbau der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) für eine starke Rolle der HAWs einzusetzen. Zu den Aufgaben und der Struktur der DATI sprach auch Dr. Stephan Groß-Selbeck, Vorsitzender der DATI-Gründungskommission. Frau Annaliese Eggimann, die ehemalige Direktorin der Innosuisse, berichtete von der Entwicklung der schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, die 2018 unter dem Namen Innosuisse gegründet wurde und aus bereits jahrzehntelang existierenden Vorgängerinstitutionen hervorgegangen ist. Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt im Land Sachsen-Anhalt Amin Willingmann begrüßte als Gastgeber in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt die Tagungsteilnehmenden und strich die Bedeutung von HAWs für Wissenschaft und Bildung im regionalen Kontext, aber eben auch deutlich darüber hinaus hervor.
Beim Abschluss der Tagung verabschiedete das Plenum der Hochschulleitungen den oben vorgestellten Zehn-Punkte-Katalog der HAWs zur Bundestagswahl 2025, in dem die auf der Bad Wiesseer Tagung besprochenen Themen und Forderungen der HAWs eingegangen sind.
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