HAWs und FHs fordern: Wer neue Studienplätze geschaffen hat, muss auch künftig gefördert werden

Neuer Verteilungsschlüssel für Hochschulpakt-Mittel muss aus Sicht der HAWs/FHs sicherstellen, dass Hochschulen, die in den letzten Jahren maßgeblich den Aufbau an Studienplätzen gestemmt haben, auch in Zukunft in mindestens gleichem Umfang wie bislang gefördert werden / Kritik an zu geringer Aufstockung der Forschungsförderung für HAWs und FHs

Hochschulen, die in den vergangenen Jahren mit großen Kraftanstrengungen in erheblichem Umfang neue Studienplätze aufgebaut haben, müssen dafür in Zukunft mindestens in gleicher Höhe Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 (HSP2020) erhalten. Das fordern die deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) und Fachhochschulen (FHs) mit Blick auf die laufenden Verhandlungen über ein neues Verteilungsmodell der HSP-Mittel für die Jahre 2021 bis 2025. Die Mitgliedergruppe der HAWs/ FHs in der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) legte ihre Position am Dienstag dieser Woche (19.02.) im Rahmen eines Parlamentarischen Abends in Berlin unter der Leitung ihres Sprechers und HRK-Vizepräsidenten Prof. Dr. Karim Khakzar noch einmal ausführlich dar. Nach dem Beschluss der Bundesregierung zur Verstetigung der HSP2020-Mittel ist noch ungeklärt, nach welchen Kriterien die Mittel auf die Hochschulen verteilt werden. Über die möglichen Verteilungsmodelle verhandeln Bund und Länder derzeit in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK).

„Die HAWs und FHs haben die Hauptlast des Aufwuchses der letzten Jahre gestemmt“, begründete HRK-Vizepräsident Prof. Dr. Karim Khakzar die Forderung. Etwa Zweidrittel der insgesamt 150.000 neuen Studienplätzen, die seit 2005 an deutschen Hochschulen geschaffen wurden, entfielen auf HAWs/FHs.

Umverteilung zu Lasten der HAWs führt zum Abbau von Studienplätzen

„Die Zukunft der HAWs/FHs ist maßgeblich mit der Frage verknüpft, wie der neue Hochschulpakt ausgestaltet sein wird. Die HSP-Mittel machen inzwischen bis zu 30 Prozent der Grundhaushalte an HAWs/FHs aus“, betonte Khakzar und führte die Tragweite einer möglichen Umverteilung vor Augen. „Geht das neue Verteilungsmodell zu Lasten der HAWs/FHs, dann wird dies zwangsläufig zu einem Abbau der Studienplatzkapazitäten führen müssen.“ Das könne nicht im Interesse der Allgemeinheit sein.

Die Hessische Staatssekretärin im Wissenschaftsministerium Ayse Asar wies in ihrem Grußwort auf die gesellschaftliche Bedeutung von HAWs/FHs hin, die einen erheblichen Beitrag zur gesellschaftlichen Ausweitung akademischer Bildung leisten, insbesondere mit Blick auf Studierende ohne akademischen Sozialisations- oder mit Migrationshintergrund. „Wir müssen es schaffen, mit der Nachfolgevereinbarung zum Hochschulpakt 2020 die mit großer Kraftanstrengung seitens der Hochschulen geschaffenen zusätzlichen Studienmöglichkeiten zu erhalten, auch um zu vermeiden, dass die Chancen für die unterrepräsentierten Gruppen unter den Studienanfängerinnen und Studienanfängern schrumpfen. Mit dem aktuellen Koalitionsvertrag machen wir als Hessische Landesregierung deutlich, dass wir die Leistungsfähigkeit der Hochschulen nicht nur anerkennen, sondern auch weiterhin tatkräftig unterstützen wollen. So haben wir als Hessische Landesregierung nicht nur vereinbart, die Grundfinanzierung der Hessischen Hochschulen für den nächsten Hessischen Hochschulpakt 2021 bis 2025 pro Jahr um vier Prozent zu steigern, sondern auch, dass der landesseitige Anteil der Hochschulpakt 2020-Mittel Teil dieser Grundfinanzierung sein und damit ebenfalls gesteigert werden wird.“

Aus hessischer Sicht äußerte sich zudem der Vorsitzende der HAW Hessen und Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences, Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich: „Die Bedeutung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen: Die Politik hat erkannt, dass die HAWs eine Schlüsselrolle in der gesellschaftlichen Entwicklung einnehmen: als regionale Innovationszentren und durch ihre Integrationsfunktion. Jedoch ist die Zahl der Professuren nicht im gleichen Verhältnis wie die Studierendenzahlen gestiegen: Die Betreuungsrelation ist für HAWs von besonderer Relevanz, wollen wir unserer Integrationsfunktion erfolgreich nachkommen.“ Zur Bedeutung der HAWs als forschende Einrichtungen ergänzte Dievernich: „Auch würdigt die Politik in Hessen das hohe anwendungsorientierte Forschungsniveau an HAWs: Es besteht hier bundesweit beispiellos die Option, dass forschungsstarke Bereiche das Promotionsrecht erlangen können – was bislang in vier Promotionszentren umgesetzt wird.“

Förderung der Angewandten Forschung fällt zu gering aus

Kritisch äußerten sich die HAWs/FHs zur GWK-Entscheidung über das Programm zur Förderung der angewandten Forschung und Entwicklung an HAWs/FHs. Es soll zwar weitere fünf Jahre fortgesetzt werden, allerdings hatten sich die HAWs/FHs eine deutliche Aufstockung des Programms erhofft. „Das ist ein enttäuschendes Ergebnis für alle HWAs/FHs“, erklärte HRK-Vizepräsident Khakzar.
Noch immer sei der Anteil der Forschungsförderung von Bund und Ländern für die HAWs/FHs im Vergleich zu den Universitäten viel zu gering. Alleine über die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Exzellenzinitiative flössen über drei Milliarden Euro an die Universitäten. Demgegenüber stünden den HAWs/FHs aus den Programmen des Bundesbildungsministeriums in der Summe nur rund 130 Millionen Euro für die angewandte Forschung zur Verfügung.

„Im Vorfeld der Verhandlungen der GWK hatten wir große Hoffnungen, dass die in unseren Augen unzureichende Forschungsförderung für HAWs/FHs von rund 56 Millionen auf das Doppelte erhöht würde“, erklärte Khakzar. Leider konnten sich Bund und Ländern letztendlich nur auf eine geringe Erhöhung des Forschungsförderprogramms auf jährlich 60 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren einigen.

Potenziale der HAWs/FHs werden noch unterschätzt

„Wir sind der festen Überzeugung“, ließ Khakzar keinen Zweifel, „dass Bund und Länder mit einer deutlichen Ausweitung der Förderung eine hervorragende Chance gehabt hätten, die HAWs und FHs in ihren jeweiligen Regionen noch sehr viel stärker als Innovationsmotoren für kleine und mittlere Unternehmen sowie Einrichtungen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich zu etablieren.“ Seit Jahren gäbe es ein extremes Ungleichgewicht in der Forschungsförderung zwischen Universitäten und HAWs/FHs, das nicht mehr zu rechtfertigen sei. „Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahre ließen sich ohne die HAWs/FHs kaum bewältigen. Digitalisierung, Energie- und Verkehrswende, Arbeit 4.0, Gesundheit und Pflege: für all diese Themen sollten die Potenziale der HAWs/FHs sehr viel stärker genutzt werden. In den Ingenieurwissenschaften und in der Informatik z.B. stellen HAWs/FHs mehr als Zweidrittel der Professuren und über 60% der Absolventinnen und Absolventen“, so Khakzar.

Das Grußwort von Herrn Prof. Dr. Karim Khakzar, Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Sprecher der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) und Fachhochschulen (FHs) in der HRK, finden Sie hier.